Backen auf dem Bauernhof

 

Backen auf dem Bauernhof (Erinnerungen von Klaus Emmerich, 2008)

Früher wurden Weihnachtsplätzchen und Kuchen im Backofen im Küchenherd gebacken. Die Besonderheit lag dabei darin, dass die jeweils geeignete Backtemperatur durch entsprechende Befeuerung geregelt werden musste. Um höhere Temperaturen zu erreichen, wurde trockenes Kiefern- oder Fichtenholz verwendet, das aber im Gegensatz zu Buchenholz schneller verbrannte.

Ein ganz eigenes Geschäft war es, Brot für ca. vier Wochen zu backen. Es begann damit, dass früh morgens der Handwagen mit 2 1/2 Säcken Getreide, Roggen und Weizen beladen wurde und über die feldwegmäßig angelegten Straßen bis zum Schloss gezogen wurde. Dort begann die Chaussee bis Weinheim zur Stadler-Mühle.

Im schlimmsten Fall konnte einen ganzen Tag dauern, bis wir das Brotmehl, das Kuchenmehl und die Kleie für die Kühe auf unser Wägelchen laden und uns auf den Rückweg begeben konnten.

Was das für  Wägelchen waren, kann man auf der Präsentation von Edgar Dietrich sehen:  Seite 4

Wenn ich Glück hatte, bekam ich ein Stück Brot von der Frau Stadler, die aber oft selbst nicht genug Brot hatte. Zu Hause angekommen gab es dann meist Röstkartoffel, denn Brot gab es ja nicht mehr. Das Brotbacken erforderte einen hohen Aufwand, der das ganze Haus in Unruhe versetzte. Eingekauft wurde dazu Hefe und Sauerteig beim Bäcker, Salz und Kümmel beim „Schnaps-Unkel“.

Das Mehl wurde in der Backmulde am Küchenherd vorgewärmt. ln einer Ecke wurde mit Hefe ein Vorteig bereitet und in der anderen Ecke einer mit Sauerteig. Das Ganze wurde mit einem Tuch abgedeckt und erst bei ausreichender Blasenbildung mit weiterem vorgewärmtem Mehl vermengt. Pellkartoffeln wurden mit einer Quetsche ebenfalls, sowie Salz und Kümmel eingemengt. Die anschließend roh geformten Laibe mussten weiter in Strohbehältern (Neppen) aufgehen.

Der Backofen, der im Keller stand, war schon vorher mit Kiefernholz gefüllt worden und dann ordentlich vorgeheizt. Beim Höhepunkt der Glut wurden die glühenden Holzkohlereste herausgekratzt. Der so aufgeheizte Backofen wurde mit einem nassen Tuch schnell ausgewischt und dann die Brotlaibe mit einem Holzschieber „eingeschossen“. Nach etwa einer Stunde war das Brot gebacken und konnte wieder ausgeschossen werden.

Danach wurde noch Brotkuchen gebacken. Dünn ausgewalzter Brotteig wurde z.T. mit geschnittenen Apfelstücken auf einer Rahmunterlage belegt oder ein anderer mit Streusel aus Zucker und Paniermehl vermengt bestreut. Das so gewonnene Backwerk übertraf im Geschmack sogar das, was man beim Bäcker kaufen konnte, obwohl zu dieser Zeit auch dort auf die gleiche Art gebacken wurde.

(redigiert von HJE 18.02.2023)