Milchwirtschaft auf dem Bauernhof

 

Milchwirtschaft auf dem Bauernhof (Erinnerungen von Klaus Emmerich, 2008)

Die frisch gemolkene Milch, während des Krieges und noch lange danach von Hand, wurde mit einem großen Trichter, in dem ein Tuch eingespannt war, in die große Milchkanne zum anschließenden Kühlen eingefüllt. Kaltes Wasser durfte nur außen an die Kanne gelangen und es hieß immer, dass Milch panschen (mit Wasser verdünnen) eine große Sünde sei. Die Kannen mit der gekühlten Milch wurden zu Sammelrampen gebracht, später direkt abgeholt. Das monatlich ausbezahlte Milchgeld bildete den Grundstock des Familieneinkommens. Im Winter kam noch der Verdienst meines Patenonkels als Holzfäller dazu, ein Teil seines Verdienstes wurde in Brenn- und Nutzholz vergütet.

Ein Teil der Milch wurde auf dem Hof verarbeitet. Er wurde zum Backen von Kuchen oder sonst in der Küche verwendet (Kartoffelbrei etc.). Ein anderer Teil wurde zum Sauerwerden in hohe Keramikgefäße gefüllt. Die so erhaltene Sauermilch (Dickmilch) ergab mit gerösteten Kartoffeln ein gutes Abendessen, besonders dann, wenn das Brot zu Ende gegangen war. Die Dickmilch wurde zu einem Teil durch ein Tuch laufen lassen, das an den Beinen eines umgekippten Hockers befestigt war. Durch das Tuch lief die Molke, die wenn, sie nicht an die Schweine verfüttert wurde, zu einem Gelee verarbeitet wurde (mit Zucker eingekocht). Was in dem Tuch zurückblieb und ausgedrückt wurde, lieferte die Grundmasse für Schmeerkees (weißer Käse), der besonders gut zu Gequellten (Pellkartoffeln) schmeckte oder auch als Brotaufstrich diente. Ein Teil des Quarks wurde gesalzen zu Käselaibchen geformt und in einer mit einem Tuch überspannten Schüssel auf dem Küchenschrank reifen gelassen und lieferte so den Schisselkees-Handkäse.  Ein anderer Teil des Quarks wurde mit Sahne und etwas Schisselkees in einem kleinen Topf auf dem Herd unter Umrühren zu Kochkees verarbeitet. Besonders dies ist mir in guter Erinnerung, da ich liebend gern auf dem Herd umrührte. Die Sahne wurde über der Dickmilch abgeschöpft und zum Teil zu Butter verarbeitet.

Dazu gab es ein Butterfass, bei uns ein Keramiktopf mit einem eingepassten Holzdeckel. Dieser wies in der Mitte eine Bohrung auf, durch die der Stampfer passte, ein Holzstiel mit unten einer durchlöcherten Stampferplatte. Die Kunst beim Butterstoßen lag darin, den richtigen Takt herauszufinden, dass sich die entstehende Butter zusammenballte. Lief alles richtig, hatte man einen Rohbutterklumpen und die Buttermilch, die noch kleine Butterflocken enthielt (köstlich). Der Rohbutterklumpen wurde auf einem Dessertteller so mit kleinen Schleuderbewegungen bewegt, dass am Ende ein Butterstück von der Form einer Gurke herauskam.

(redigiert von HJE 18.02.2023)