Die Maulwurffänger

In den letzten Jahrzehnten wurden durch die rasch fortschreitende Entwicklung auf allen Feldern neue Berufsbilder geschaffen. Im Gegensatz dazu sind traditionelle Berufe, vorwiegend im handwerklichen und landwirtschaftlichen Bereich, weggefallen. Ein Beruf, dem zumindest im 19. Jahrhundert eine gewisse Bedeutung zukam, war der des Maulwurffängers. In Gemeinderechnungen finden sich Hinweise auf Ausgaben, die in diesem Zusammenhang entstanden sind. Es scheint so, als wären bestimmte Familien auf diese Tätigkeit spezialisiert gewesen.

Im Jahre 1843 hatte die Gemeinde Nieder-Liebersbach die Absicht, auf drei Jahre einen Maulwurffänger zu verpflichten. Am 27. März hatten sich beim Bürgermeister Kadel verschiedene Maulwurffänger eingefunden, die ihre Dienste anboten. Zunächst wurden die Vertragsbedingungen bekanntgemacht, die lauten:

  1. „Die Ratifikation (Genehmigung) bleibt acht Tage vorbehalten.
  2. Der Bürgermeister behält sich die Auswahl unter allen Steigerern vor. Diese sind deshalb an ihr Gebot gebunden, wenn sie dieses Protokoll unterzeichnet haben.
  3. Die Maulwürfe müssen auf den Feldern, besonders auf den frisch geämten und jungen Kleeäckern, Wiesen und Gärten jedes Jahr dreimal gefangen werden.
  4. Der Anfang muss sogleich nach erteilter Ratifikation gemacht und ohne Unterbrechung fortgegangen werden. Der zweite Fang muss nach getaner Heuernte geschehen und der dritte Fang muss im Herbst nach dem Grummetmachen geschehen.
  5. Sollten sich nach dem ersten Fang noch Maulwürfe spüren lassen und von den Gemeinderäten entdeckt werden, dass sie nicht gehörig gefangen sind, so müssten nach Fallen nachgeholt werden. Es wird eher keine Zahlung geleistet, bis eine Bescheinigung vom Bürgermeister über den Befund des richtigen Fangs ausgestellt ist.
  6. Die Zahlung geschieht in drei Zielen. Nach dem ersten Fang ein Drittel, und nach dem zweiten Fang ein Drittel und nach dem letzten Fang ein Drittel. Die Zahlung geschieht auf Anweisung des Bürgermeisters aus der Gemeindekasse.
  7. Im Falle, dass ein Anstand oder eine Streitigkeit zwischen der Gemeinde und dem Übernehmer entstehen sollte, so erklärt der Übernehmer, auf gerichtliche Verfahren zu verzichten. Er ist dann an die Entscheidung des Großherzoglichen Kreisrats gebunden.“

Danach gaben die anwesenden Maulwurffänger Gebote ab. Im allgemeinen erhielt der Niedrigstbietende den Zuschlag. Es waren anwesend: Georg Gräger, der 32 Gulden (fl) bot, Michael Bohnenstengel, der 27 fl 30 xr (Kreuzer) bot, Georg Schuster, der 27 fl bot. Matthes Ewald, der 26 fl bot, Adam Hag, der 25 fl bot.

Schließlich erhielt Georg Schuster nach Beratung des Gemeinderates den Zuschlag für das Maulwurffangen auf Nieder-Liebersbacher Gemarkung für drei Jahre eine Entlohnung von 27 Gulden.

Damit hätte die Angelegenheit eigentlich erledigt sein können. Doch wartete Nieder-Liebersbach vergeblich auf einen Maulwurffänger: „…da der Georg Schuster von Rimbach seinen Vertrag nicht entspricht, solcher auch auf mehrmaliges Ersuchen des Großherzoglichen Bürgermeisters zum Fangen der Maulwürfe nicht selbst kommt, noch geeignete Männer, die das Fangen übernehmen, schickt, derselbe notorisch zahlungsunfähig ist und die Maulwürfe so überhand genommen haben, so hat sich der Fang nicht länger aufschieben lassen. So vergeben wir diesen Fang an den Maulwurffänger Matthes Ewald.“

Matthes Ewald, der aus Zotzenbach stammte, verlangte von der Gemeinde, die sich in einer Zwangslage befand, 36 Gulden für seine Fangkünste jährlich. Die Gemeinde versuchte sich im Gegenzug abzusichern. „Macht sich Ewald verbindlich, dass wenn er den Fang in dem einen oder anderen Jahr (1843-45) nicht ausführen würde, müsste er den Mehraufwand des Lohnes (für einen anderen Maulwurffänger) an die Gemeinde ersetzen. Wobei diese (die Gemeinde) unwiderruflich das Recht haben soll, sein sämtliches Vermögen anzugreifen, zu veräußern und sich damit Ersatz zu beschaffen.“

Diese Vereinbarung wurde von den sechs Gemeinderäten unterzeichnet, von Bürgermeister Kadel beglaubigt und schließlich vom Gemeinderat genehmigt.

Damit hatte Nieder-Liebersbach offenbar einen zuverlässigeren Maulwurffänger an sich gebunden, da in den nächsten drei Jahren Matthes Ewald jeweils 36 Gulden für seine Dienste zur Auszahlung gelangten.

Folgende Maulwurffänger, die in Nieder-Liebersbach tätig waren, ließen sich außerdem ermitteln:

Michael Heckmann aus Lindenfels (1840).

Silvester Merkel aus Ober-Laudenbach (1841, erhielt 35 Gulden jährlich).

Adam Meixner aus Mörlenbach (1848, erhielt jährlich 36 Gulden) Der Vertrag, den die Gemeinde mit Meixner abgeschlossen hatte, enthielt folgende Passage, die der Einwohnerschaft eine Kontrollmöglichkeit einräumte:

„Sobald Meixner glaubt, den Fang beendigt zu haben, so hat solcher hiervon dem Bürgermeister die Anzeige zu machen, worauf solcher (Fang) mit der Schelle öffentlich mit dem Bemerken gemacht wird, daß wer noch fragliche Tiere auf seinen Gütern verspürt, dem Ortsvorstand die Anzeige machen soll. Wenn dann auch diese Maulwürfe weggefangen sind oder im Falle keine Anzeige gemacht wird, erfolgt die Zahlung auf Anweisung des Bürgermeisters aus hiesiger Gemeindekasse.“

Peter Heidenreich (1850)

Adam Bechtel ab 1853. Die Gemeinde Nieder-Liebersbach zahlte Adam Bechtel für jeden gefangenen Maulwurf 3 Kreuzer. In der Praxis dürften deshalb aus Kotrollzwecken zu verschiedenen Terminen die gefangenen Maulwürfe oder Teile davon nach vollbrachtem Fang abgezählt worden sein. So ist für 1853 die Stückzahl von 855 gefangenen Maulwürfen, für 1854 von 606 gefangene Maulwürfe überliefert.

Der bereits vor erwähnte Matthes Ewald aus Zotzenbach war noch einmal 1857 tätig, dem 1859 Jakob Tritsch aus Birkenau nachfolgte.

Ab den 1860er Jahren schien das Amt des Maulwurffängers nicht mehr besetzt worden zu sein, da Ausgaben für diesen Zweck nicht mehr erscheinen.

Günter Körner 19.12.2014